Die Idee...

Den Landtag mit den Augen einer Volontärin entdecken: Während meines zweijährigen Volontariats in der Pressestelle des Schleswig-Holsteinischen Landtags könnt ihr mir in diesem Blog virtuell über die Schulter schauen. Euch erwarten persönliche Eindrücke und kleine Anekdoten aus meinem Arbeitsalltag und dem politischen Geschehen. Viel Spaß beim Lesen!

Dienstag, 30. Mai 2017

Raus aus der Politik, rein in die Wirtschaft

Wer in Kiel lebt und arbeitet, hat es zum Wasser meist nicht weit. Und so verlagerte sich mein Arbeitsplatz während meines Praktikums in der Pressestelle der Provinzial-Versicherung nur einige Kilometer südwärts entlang der Förde – vom altehrwürdigen Backsteingebäude aus dem vorletzten Jahrhundert in das braun-grüne Architekturungeheuer im Stil der 1970er Jahre. 

Für mich von außen eher abschreckend, von innen umso imposanter. Die große Eingangshalle mit Empfangstresen und Sitzgruppe in der Mitte vermittelt jedem, der das Gebäude betritt: „Wir sind ein offenes Haus, hier sollen sich unsere Kunden wohlfühlen“ – erster Punkt für ein positives Image.

In den langen Gängen kommen mir gutgelaunte Kollegen entgegen. Ein freundliches „Moin“ bringt jeder über die Lippen. Mensch, die scheinen ja alle Spaß an ihrer Arbeit zu haben, denke ich mir. Und auch in der Kommunikationsabteilung geht es freundschaftlich zu. Die vier Kolleginnen, mit denen ich das Büro teile, begrüßen sich jeden Morgen mit Umarmung und holen sich gemeinsam Kaffee in der Cafeteria Kostenpunkt 50 Cent. Echtes Teamgefühl kommt auf. Ich werde sofort integriert. Nächster Trick der Unternehmenskommunikation: Team-Building für motivierte Mitarbeiter. 

Die Pressestelle der Provinzial setzt schwerpunktmäßig auf interne Kommunikation. Das Intranet und die Mitarbeiterzeitung sind dabei die wichtigsten Kanäle. Die Themen sind vielfältig: Es geht beispielsweise um anstehende Veranstaltungen, neue Produkte, besondere Leistungen und das Engagement der Kollegen – alles, um die insgesamt 6.200 Mitarbeitern an den Standorten in Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern, Hamburg und Westfalen auf dem Laufenden zu halten und hervorzuheben, dass sie gute Arbeit leisten. Ich bin beeindruckt. Und die klassische Pressestellenarbeit nach außen kommt noch hinzu. 

Mein Fazit: Der Ausflug in die Wirtschaft war spannender als anfangs erwartet. Und auch wenn zwei Wochen nicht gereicht haben, um Expertin für Versicherungsthemen zu werden, habe ich in der kurzen Zeit vieles über die Unterschiede zwischen Pressearbeit in der Verwaltung und wirtschaftsorientierter PR gelernt. Für mich gilt dennoch: Ich bleibe bei der tagesaktuellen Politik.

Montag, 15. Mai 2017

Aus der Schusslinie

Kaum ist die Wahl vorbei, geht das Gewusel von vorne los. Nicht nur die Fernseh-Studios werden wieder abgebaut, auch wir packen unsere Sachen. Die Pressestelle verlässt das Landeshaus – und macht Platz für die neuen Abgeordneten. Einige unserer Büros wird wohl die AfD übernehmen.

Alles fertig gepackt. (Fotos: Landtag)
Rund um meinen Schreibtisch stapeln sich die Kartons. Rote Zettel mit Namen und Zimmer-Nummer kleben auf Tischen, Stühlen, Monitoren und Papierkörben. Alle Stecker sind gezogen, die Kabel fein säuberlich um das zugehörige Gerät gewickelt. 

Auf einmal geht es zu wie auf dem Flohmarkt. Der erste Kollege kommt mit alten Büchern um die Ecke. „Kann das noch jemand gebrauchen? Ist von 1983.“ Er präsentiert einen über 30 Jahre alten Bildband über den Schleswig-Holsteinischen Landtag. Weitere Schätze kommen zum Vorschein. Auf dem runden Tisch in der Mitte unseres Büros sammeln sich CDs, Taschen und Bücher aus vergangenen Tagen. Längst verloren geglaubte Dinge tauchen in den Tiefen der Schubladen und Schränke auf. So läuft ein anderer Kollege den Rest des Tages mit einer blauen Landtagsschirmmütze herum, die er hervorgekramt hat.
Papierberge im Flur.

Nach zwei Tagen Packen und Sortieren gibt es kein Durchkommen mehr. Der Papiermüll vor unserem Büro hat sich zu einem bedrohlich schiefen Haufen aufgetürmt. Dann ist es endlich soweit: Die Möbelpacker rücken an und transportieren Kartons, Tische, Stühle und Schränke aus sieben Büros in unser neues Domizil – ein Bürogebäude im gegenüberliegenden Karolinenweg, das liebevoll „Karoline“ genannt wird. 

Am Ende der Woche ist der Umzug endlich geschafft. Jetzt kann wieder Alltag einkehren. Die Pressestelle ist aus der Schusslinie, während im Landeshaus noch lange keine Ruhe einkehren wird. Die Koalitionsverhandlungen haben gerade erst begonnen. Ich werde das Ganze in den kommenden zwei Wochen aus sicherer Entfernung beobachten. Meine nächste Station: Praktikum in der Unternehmenskommunikation der Provinzial-Versicherung.

Donnerstag, 4. Mai 2017

Ansturm auf das Landeshaus

Vor dem Landeshaus halten drei riesige LKW des ZDF. Sie transportieren die Ausstattung für das Wahlstudio im Plenarsaal vom Bürostuhl über meterlange Kabel bis zur Stellwand ist alles dabei. Die Vorbereitungen für die Landtagswahl am 7. Mai sind in vollem Gange. Das macht sich auch im Büro bemerkbar.

Das ZDF lädt sein Equipment aus. (Fotos: Landtag)
Obwohl die Anmeldefrist für den Zugang zum Landtag längst abgelaufen ist, klingelt das Telefon der Pressereferentin noch immer im Minutentakt. Es sind meist Journalisten, die sich für den Wahltag akkreditieren wollen. Doch zu spät "Nein, da können wir leider keine Ausnahme machen" und "Ja, sie hätten sich namentlich anmelden müssen" höre ich sie immer wieder sagen.

Bereits seit Mitte Februar konnten sich Medienvertreter registrieren. Und auch Abgeordnete, die Landesregierung und die Mitarbeiter der Landtagsverwaltung und der Fraktionen, die sich am 7. Mai im Landtag aufhalten wollen, mussten sich bei der zuständigen Kollegin anmelden. Dass sich nicht alle daran halten würden, war abzusehen. Man kennt seine "Pappenheimer". 

Ohne Einlasskarte kein Zutritt ins Landeshaus.
Hinweise, dass nur diejenigen, die sich rechtzeitig angemeldet haben, das Landeshaus am Wahlabend betreten dürfen, gab es einige. Auf drei Erinnerungen an die Medien, folgte eine weitere Pressemitteilung mit der Auskunft, dass "ein spontaner Besuch des Landtages" am 7. Mai nicht möglich sein wird. 

Wer die Frist nicht eingehalten hat, kann das Landeshaus am Wahltag nicht betreten. Es gelten strenge Sicherheitsvorschriften: alle Personalien werden im Vorfeld vom Landeskriminalamt überprüft, die Kapazitäten sind begrenzt. Insgesamt werden etwa 2.000 Gäste im Landtag erwartet, davon rund 1.000 Journalisten  auch TV-Sender aus Russland, Spanien und Dänemark haben sich angekündigt. Ein riesen Menschenauflauf also.

Ich bin schon gespannt, wie viele Leute versuchen werden, sich noch vor Ort zu registrieren. Solche "Notfälle" sind bereits eingeplant: Von vier Einlass-Countern ist einer für die "schweren Fälle" vorgesehen. Zutritt werden sie aber nicht bekommen. Sicherheit geht vor.