Der frühe Vogel...

Wer darüber informieren will, was morgens in der Presse steht, muss vor den Zeitungslesern aufstehen. Und genau das war an diesem Tag meine Aufgabe. Einen Tag die Print-Medien auswerten und mit drei Kollegen den Pressespiegel zusammenstellen. Ihn lesen zu können, ist ein besonderes Privileg, denn das dürfen nur die Abgeordneten und Mitarbeiter der Landtagsverwaltung und der Landesregierung. Für die Öffentlichkeit ist er aus urheberrechtlichen Gründen nicht bestimmt. 

Um 6:30 Uhr muss ich im Büro sein. Auf den Straßen keine Menschenseele – ein Glück, denn ich muss mich beeilen. Die Pförtner am Eingang wundern sich, mich so früh zu sehen. Mit einem „na, heute zu früh aus dem Bett gefallen?“ werde ich begrüßt.  „Spezial-Auftrag“, antworte ich geheimnisvoll. Schließlich bestimme ich heute mit, was 300 Mitarbeiter und Politiker morgens als erstes in ihren Postfächern finden. 

Die drei Kollegen, die sich in ihrer frühmorgendlichen Runde ein Büro teilen, lesen E-Paper oder „richtige“ Zeitung als ich hereinkomme. Wenn ich nicht wüsste, dass so ihre Arbeit aussieht, würde ich sagen, sie sitzen zusammen am Frühstückstisch. Mich umgibt eine heimelige Büroatmosphäre mit Musik aus dem Radio und drei gut gelaunten Männern.

Dann geht es los. Die Suche nach Schlagworten in unzähligen Artikeln. Wichtig sind alle Politiker vom Abgeordneten bis zum Ministerpräsidenten. Hinzu kommen landespolitische Themen, unterteilt in 14 Rubriken, die zum Großteil den einzelnen Ressorts zugeordnet sind. Die meiste Sucharbeit übernimmt der Presse-Monitor, eine Online-Datenbank, die ein großes, kostenpflichtiges Angebot an Zeitungsartikeln anbietet. Nur die drei wichtigsten regionalen Zeitungen, Kieler Nachrichten, Lübecker Nachrichten und das Angebot des Schleswig-Holsteinischen Zeitungsverlags (shz) werden zusätzlich als Online-Zeitung gelesen, um keinen Artikel zu übersehen. 

Am Ende wird der fertige Pressespiegel über einen Email-Verteiler im Landtag und an die Staatskanzlei verschickt. Es ist inzwischen 8 Uhr und ich stelle mir vor, wie die Kollegen ihren Arbeitstag beginnen. An ihr Postfach gehen oder ihren Email-Eingang öffnen und gleich als erstes unseren Pressespiegel lesen. Tolles Gefühl! Mein persönliches Fazit: Wer früh aufsteht, weiß vor allen anderen über Neuigkeiten aus Politik und Tagesgeschehen Bescheid – und hat mehr vom Tag.

Der wahre Star im Landeshaus

Beliebt, geheimnisvoll und für viele unerreichbar – das gilt sicher auch für den einen oder anderen Politiker im Landtag. Der wahre Star im Landeshaus ist Besuchermagnet und ein begehrtes Fotomotiv der Medien. Mit Politik hat er jedoch wenig am Hut.

Keiner hat so viele Runden durch das Gebäude gedreht wie er. Auf jeder Etage ist er ein gern gesehener Gast und hält den Mitarbeitern seine Treue. Für die einen ist es tägliche Routine, für die anderen ein ganz besonderes Erlebnis. Auch wenn er mit fast 67 ein wenig in die Jahre gekommen ist, kommen viele Besucher seinetwegen in den Landtag. Schließlich gibt es nur noch wenige seiner Art – in Kiel sind es noch drei.  

Er hatte es nicht immer leicht. Verschiedene Vorfälle hätten beinahe sein Aus bedeutet. Zu alt sei er, entspreche nicht den modernen Standards. Seitdem werden regelmäßig alle Mitarbeiter im Umgang mit ihm geschult. Besucher müssen Abstand halten. 

Der Star im Landtag ist keine Person. Übersetzt bedeutet sein lateinischer Name "Vaterunser". Das hängt mit seiner Erscheinung zusammen. Sie ähnelt im übertragenen Sinne den Perlen eines Rosenkranzes – einer Zählkette für Gebete. An dieser Kette folgen auf zehn kleinere Perlen für je ein Ave Maria eine größere für das Vaterunser. Was sich unter Bergarbeitern einst als Kosename entwickelte, ist heute die gängige Bezeichnung für den beliebten Oldschool-Aufzug.

Seine Fans haben sicher längst erraten, wer der wahre Star im Landeshaus ist. Ihr auch? – Die Rede ist vom Paternoster.